Erfolg bei einer Prüfungsanfechtung Jura in NRW
Rechtsanwalt Christian Reckling von teipel erwirkt die Neubewertung von fünf Klausuren im juristischen Staatsexamen im Bundesland NRW.
Was führte zur Aufhebung der Prüfungsentscheidung im juristischen Examen?
Im Rahmen der Bewertung von juristischen Klausuren ist die Prüferbestellung der Gradmesser für die Frage, ob eine gerechte Prüfungsbewertung gewährleistet werden kann. Die juristischen Ausbildungsgesetze in den jeweiligen Bundesländern schreiben in der Regel bei der Prüferauswahl eine Rangfolge vor. So sind durchgängig an erster Stelle Lehrende an Hochschulen benannt, denn diese sind erfahrungsgemäß näher am Examensstoff, der im Ersten Juristischen Staatsexamen abgefragt wird. Erst danach folgen Richter:innen, Staatsanwält:innen und Rechtsanwält:innen. Es ergibt sich demzufolge bereits aus gesetzgeberischen Gründen eine bestimmte Rangfolge bei der Auswahl der Prüfenden. Letztlich geht die Vorgabe auf königlich-preußisches Recht zurück. Nach § 3 Satz 1 der Allgemeinen Verfügung des preußischen Justizministers vom 3.11.1890 betreffend die erste juristische Prüfung (pr. JMBl. S. 277) werden die einzelnen Prüfungen von vier Mitgliedern der Prüfungskommissionen abgenommen. Satz 2 der Vorschrift regelte: "Unter denselben sollen sich in der Regel zwei Universitätslehrer befinden." Diese Regelungskonstanz über mehr als eineinviertel Jahrhunderte hinweg verdeutlicht die Bedeutung, die der Normgeber der - ursprünglich paritätischen - Beteiligung von Hochschullehrern an der Ersten Juristischen Prüfung beigemessen hat und für die Bewertung von Aufsichtsarbeiten bis heute beimisst.
Dieser Verfahrensfehler wurde - neben Beurteilungsfehlern - gerügt, woraufhin das Prüfungsamt uns mitgeteilt hat, dass insgesamt fünf Aufsichtsarbeiten neu bewertet werden.
Welche Auswirkungen haben die festgestellten Verfahrensfehler für den Prüfling?
Auch in einem anderen Bundesland, in dem wir mehrere Examenskandidaten gegenüber dem Landesjustizprüfungsamt vertreten, sind in einem Fall von zwölf Prüfenden insgesamt elf Praktiker und ein Hochschulprofessor.
Wir halten diese Auswahl der Prüfenden für nicht gerechtfertigt und sehen einen Verstoß gegen die paritätische Beteiligung von Hochschullehrenden. Es gibt keinen sachlich gerechtfertigten Grund, warum fast überwiegend nur Praktiker die Klausuren aus der Staatlichen Pflichtfachprüfung prüfen, obwohl doch allgemein bekannt ist, dass der Prüfungsstoff der universitären Ausbildung folgt und demzufolge u.a. die Darlegung von Theorienstreitigkeiten erwartet wird.
Im Bundesland NRW gab es dazu zuletzt auch eine wegweisende Entscheidung vom Oberverwaltungsgericht. Seit Jahren weicht das Justizprüfungsamt (JPA) am Oberlandesgericht Hamm laut Gerichtsangaben von der in § 14 Abs. 2 des Juristenausbildungsgesetzes (JAG NRW a.F.) vorgesehenen Besetzung der Prüfer in der staatlichen Pflichtfachprüfung ab. Danach müssen die Klausuren im ersten Examen von Hochschullehrern korrigiert werden – und abgewichen werden darf davon laut OVG NRW nur im Ausnahmefall, wie dieses klarstellte (Urt. v. 19.4.2021, Az. 14 A 1082/20). Auch in unserem Fall im Bundesland NRW wurde die rechtswidrige Verfahrenspraxis angewendet. Der Hinweis des Prüfungsamtes, dass die Prüfersuche aber wohl mehrere Monate andauern wird, kann dann ebenso wenig nachvollzogen werden. Es kann nur darauf hingewiesen werden, dass die Dauer der Prüfersuche hinreichend berücksichtigt, dass der Prüfling bangt, wartet und hofft und mehrere Monate für eine Entscheidung im Widerspruchsverfahren nicht zumutbar sein dürften.
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Christian Reckling steht Ihnen insbesondere für Examensanfechtungen Jura, im Prüfungsrecht und Beamtenrecht als fachkundiger und sehr erfahrener Ansprechpartner zur Verfügung.