Die bundesweit im Bildungs- und Wissenschaftsrecht tätige Schwerpunktkanzlei Teipel & Partner Rechtsanwälte mit Sitz in Köln und Kontaktmöglichkeiten in Frankfurt a.M., in Hamburg und in München hat im Bereich der Steuerberaterprüfung die Zulassung der Revision zum Bundesfinanzhof erreicht.
Beurteilungen und Bewertungen von Prüfungsleistungen, also die Feststellung, ob eine Prüfung bestanden oder nicht bestanden ist, ob die Leistung als gut oder durchschnittlich, herausragend oder befriedigend gelten soll, sind gerichtlich nur sehr eingeschränkt überprüfbar. Aufgrund dieses weitgehenden Beurteilungsspielraums sind die Prüfenden verpflichtet, ihre Bewertungen zu begründen und sie müssen anschließend, wenn von den Prüflingen hierzu ein begründeter Antrag eingereicht wird, ihre Bewertung nochmal überdenken.
Für die Steuerberaterprüfung ist hierfür ausdrücklich in der DVStB ein Überdenkensverfahren geregelt.
Unsere Mandantin hatte 2017 erfolglos an der Steuerberaterprüfung teilgenommen. Weil sie mit der Bewertung nicht einverstanden war, hatte sie einen solchen begründeten Antrag gestellt und gleichzeitig gegen den Prüfungsbescheid Klage vor dem Finanzgericht erhoben.
Das Überdenkensverfahren hatte keinen Erfolg.
Während des Klageverfahrens erhielt das Finanzgericht die Prüfungsverfahrensakte von der Steuerberaterkammer vorgelegt. Darin fanden sich auch die Unterlagen betreffend das Überdenkensverfahren. Daraus ergab sich folgender Sachverhalt: Hinsichtlich einer der Klausuren hatte der Erstkorrektor aufgrund der Einwendungen unserer Mandantin seine Stellungnahme erarbeitet. Diese hat die Steuerberaterkammer anschließend per Mail dem Zweitkorrektor zugeleitet. Das wird allgemein als zulässig erachtet. Der Zweitkorrektor schrieb aber schon nach 32 Minuten per Mail zurück: „Der mit dem Erstkorrektor abgestimmten Stellungnahme stimme ich voll umfänglich zu.“
Das war dem Finanzgericht dann doch nicht geheuer. Es setzte das Klageverfahren aus und gab den beiden Prüfenden erneut die Gelegenheit, das Überdenkensverfahren durchzuführen.
Nach Wiederaufgreifen des gerichtlichen Verfahrens ließ sich in der mündlichen Verhandlung nicht klären, ob der Zweitprüfer während des ersten Überdenkensverfahrens die Stellungnahme des Erstprüfers bereits vorab von diesem erhalten hatte oder tatsächlich innerhalb von 32 Minuten die Klausur, seine eigene Bewertung, die Bewertung des Erstkorrektors und dessen Stellungnahme „überdacht“ hatte.
Zudem ergab sich aus der zitierten Äußerung des Zweitkorrektors, dass es eine Absprache gab und ein gemeinsames Überdenken oder gar eine Abstimmung ist in einem Überdenkensverfahren grundsätzlich nicht zulässig.
Zudem ist ein solches Zustimmen zur Stellungnahme des Erstkorrektors ja gerade keine eigenständige Auseinandersetzung mit der eigenen Bewertung und damit kein selbständiges Überdenken des Zweitprüfers, sondern in Wahrheit nur die Billigung des Überdenkens des Erstkorrektors.
Daher stellte sich die Frage, ob das während des gerichtlichen Verfahrens durchgeführte (erneute) Überdenkensverfahren diesen Mangel heilen konnte. Insoweit gilt aber, dass dann, wenn das Überdenkensverfahren abgeschlossen ist, es auch endgültig beendet ist. Es kann nicht wieder aufgegriffen oder fortgesetzt, neu eröffnet oder weiter betrieben werden. Insbesondere kann es kein „Überdenken des Überdenkens“ geben.
Das Finanzgericht sah dies im Ergebnis anders: Auch im Überdenkensverfahren könne sich der Zweitkorrektor der Stellungnahme des Erstkorrektors anschließen und außerdem sei durch die spätere Stellungnahme in dem erneuten Überdenkensverfahren eine Heilung eingetreten.
Dennoch hat es im Hinblick auf „die Fragen zum Ablauf des Überdenkensverfahrens“ wegen grundsätzlicher Bedeutung sowie zur Rechtsfortbildung die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.
Dr. Jürgen Küttner steht Ihnen insbesondere im Prüfungsrecht und im Beamtenrecht als hochqualifizierter Ansprechpartner zur Verfügung.