teipel erwirken vor dem Landgericht Hamburg ein Urteil gegen eine staatlich anerkannte private Hochschule im einstweiligen Verfügungsverfahren.
Was war passiert?
Unser Mandant schloss mit der beklagten Hochschule einen Studienvertrag über die Einschreibung und Durchführung eines Studiums für den Studiengang Psychologie mit dem Abschluss Bachelor of Science. Er fertigte im Rahmen des Studiums eine Bachelorarbeit im Zweitversuch an, wobei der Abgabetermin ursprünglich der 24.10.2022 war. Aufgrund von Krankheit beantragte der Kläger auf Grundlage der geltenden Prüfungsordnung eine Verlängerung der Bearbeitungsfrist für die Bachelorarbeit und reichte hierfür ein Attest einer Ärztin ein, jedoch noch nicht das Original. Die beklagte Hochschule genehmigte den Antrag auf Verlängerung der Abgabefrist auf Mittwoch, den 09.11.2022 und bat noch um Übersendung der "ausgefüllten Originalunterschrift zu der Bescheinigung der Prüfungsunfähigkeit".
Da die Bescheinigung der Prüfungsunfähigkeit mit der Originalunterschrift der Ärztin durch unseren Mandanten zum damaligen Zeitpunkt noch nicht eingereicht wurde, wurde unser Mandant hierzu noch einmal via E-Mail durch as Prüfungsamt erinnert. Mit weiterer E-Mail wurde dann mitgeteilt, dass die Voraussetzungen für die Verlängerung der Bearbeitungszeit nicht erfüllt seien und der verpflichtende Abgabetermin Montag, der 24.10.2022 bleibe. Da zu diesem Zeitpunkt die Bachelorarbeit noch nicht eingereicht wurde, wurde der Studienvertrag gekündigt und das endgültige Nichtbestehen im Studiengang Psychologie festgestellt.
Unser Mandant reichte sodann am 08.11.2022 seine Bachelorarbeit beim Prüfungsamt der beklagten Hochschule ein und bat mit Schreiben vom 08.11.2022 das Prüfungsamt um Überdenken der Entscheidung über das endgültige Nichtbestehen. Dem Schreiben war die ärztliche Bescheinigung beigefügt, in der bescheinigt wurde, dass bei unserem Mandanten eine ernsthafte psychische Erkrankung vorgelegen habe. hierdurch ließ sich die beklagte Hochschule nicht beeindrucken. Der federführende Rechtsanwalt in dem Verfahren, Herr Rechtsanwalt Reckling, schaltete sich außergerichtlich ein und stellte klar, dass die Kündigung nicht rechtens sei und unser Mandant einen Anspruch auf Bewertung der fristgerecht eingereichten Bachelorarbeit habe. Der gegnerische Rechtsanwalt der beklagten Hochschule sah dies anders und lehnte weitere außergerichtlichen Verhandlungen ab.
Verfahren vor dem Landgericht Hamburg
Um die Rechte unseres Mandanten zu sichern, wurde zunächst Klage in der Hauptsache erhoben. Da bei einem Hauptsacheverfahren aber mit einer deutlich längeren Verfahrensdauer gerechnet werden muss und unser Mandant neben der Bachelorarbeit nur noch eine ausstehende Prüfungsleistung ableisten musste, war auch Eile geboten. Insoweit entschieden sich teipel für die zusätzliche Durchführung eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens, das unter strengen prozessualen Voraussetzungen steht. Beantragt wurde, dass der zwischen unserem Mandanten und der beklagten Hochschule geschlossene Studienvertrag nicht wirskam beendet worden ist, sondern unverändert fortbesteht und die Bachelorarbeit zu bewerten ist. Beiden Anträgen wurde im einstweiligen Verfügungsverfahren stattgegeben. Die Richterin folgte der Rechtsauffassung von teipel und sah die ausgesprochene Kündigung als unwirksam an, da u.a. die Genehmigung der Bearbeitungszeit nicht unter einer Bedingung stand und für die Rücknahme der genehmigten Verlängerung der Bearbeitungszeit auch keine Rechtsgrundlage ersichtlich sei.
Kommentar für die Praxis
Durch eine landeshochschulrechtliche Besonderheit musste das Verfahren in diesem Fall vor einem Zivilgericht geführt werden. Da in Zivilsachen der Beibringungsgrundsatz gilt, muss der Kläger in aller Regel alle für ihn begünstigenden Tatsachen beweisen und im einstweiligen Verfügungsverfahren glaubhaft machen. Das erweist sich im Prüfungsrecht mitunter nicht selten als schwierig, so dass es wichtig ist, erfahrene und ausgewiesene Rechtsanwälte mit der Interessenvertretung zu beauftragen, zumal vor den Landgerichten ohnehin auch Anwaltszwang besteht, d.h. der betroffene Prüfling kann sich nicht selbst vertreten.
Die Studienverträge der staatlich anerkannten privaten Hochschulen, die dem Vertragsrecht zuzuordnen sind, enthalten zwar grundsätzlich Regelungen zur Kündigung des Studienvertrages, aber nicht alle Regelungen halten einer gerichtlichen Überprüfung und nicht alle ausgesprochenen Kündigungen sind auch rechtmäßig ergangen, so wie es der vorliegende Fall exemplarisch aufzeigt. Da unser Mandant kurz vor dem Abschluss seines Bachelor-Studiums der Psychologie stand erwies sich die Kündigung ohnehin - unabhäng von der rechtlichen Betrachtungsweise - als problematisch. Die Durchschnittsnoten reichten von sehr gut bis gut, und unser Mandant hatte die Bachelorarbeit - wie genehmigt - fristgerecht eingereicht. Trotz aller Bemühungen außergerichtlich eine Einigung zu erzielen, musste letztlich der gerichtliche Weg bestritten werden, um das Ziel unseres Mandanten erreichen zu können. Der Fall zeigt, dass mitunter der gerichtliche Weg unausweichlich ist, aber am Ende zum Erfolg führen kann.
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